Videokonferenz-Anwendungen – Open-Source Alternativen

Screenshot Jitsi Meeting ohne Teilnehmer

Open-Source-Anwendungen sind nicht gleich zu setzen mit kostenfreien Anwendungen. Vielmehr heißen sie so, weil ihr Source-Code öffentlich einsehbar ist. Das macht sie vertrauenswürdiger, denn weltweit gibt es genügend IT-Spezialisten und Nerds, die sich den Code einer Anwendung vor dem Hintergrund ihres Wissens genauer anschauen, um Schwachstellen zu finden und Verbesserungsvorschläge zu machen.


Anwendungen für die Lehre

Unter den quelloffenen Videokonferenz-Anwendungen ist BlueBigButton (BBB) empfehlenswert.  BBB wurde an einer kanadischen Universität entwickelt und ist vor allem ein Tool für die Fernlehre und für die Durchführung von Webinaren. BBB punktet gegenüber reinen Videochat-Anwendungen mit zusätzlichen Funktionen wie die Übertragung von Bildschirminhalten, Breakout-Räumen für Gruppenarbeit und die Anbindung von Whiteboards. Außerdem gibt es Schnittstellen zu den meisten Lernumgebungen wie etwa Canvas und Moodle.

BBB wird auch auf deutschen Servern gehostet und ist DSGVO-konform, ist dann aber meistens kostenpflichtig. URL der Entwickler: https://bigbluebutton.org/

Tipp für LehrerInnen in der Region: das Medienzentrum Wiesbaden hat einen BBB-Server aufgesetzt und bietet auch Einführungskurse in die Nutzung an. Der Server ist nach Anmeldung (auch mit Edupool-Zugangsdaten) erreichbar. URL https://www.wiesbaden.de/microsite/medienzentrum/it-support/content/webkonferenzen.php
BBB Rheinland-Pfalz: https://bbb.rlp.net/b/


Videochat-Lösungen

Bei Anwendungen, die sowohl quelloffen als auch kostenlos sind, muss man Abstriche bei der Funktionalität, der Zahl der Teilnehmer und bei der Bildübertragungsqualität machen.

Für Zoom-ähnliche Videokonferenzen empfiehlt sich Jitsi Meet. Jitsi ist eine europäische Community-Entwicklung. Die Anwendung funktioniert ähnlich einfach wie Zoom (aber ohne externe Installation!): man eröffnet im Webbrowser in Sekunden einen Konferenzraum bzw. eine Session und übermittelt die URL als Einladung anderen Teilnehmern. Zusätzlich kann man die Session mit einem Passwort absichern, das man vernünftigerweise nicht auf dem gleichen Kommunikationsweg wie die URL mitteilt.

Es gibt Listen mit Servern, die Jitsi hosten – sogenannte Instanzen. Viele davon sind Universitäten und Organisationen in Deutschland, wie etwa die TU Ilmenau, der Chaos Computer Club oder Freifunk München  oder in unserer Nähe die Universität Koblenz. Wer die Kapazitäten und Kenntnisse hat, kann und darf (open source) selbst einen Jitsi-Server aufsetzen.

Je nach Tageskondition der Server und Ausstattung der Teilnehmer können bis zu 10 bis 15 Personen teilnehmen.

Eine Alternative zu BBB und Jitsi ist „fairmeeting“ der österreichischen Genossenschaft „fairkom“ (Slogan: »Wie Bio – nur für’s Internet), die ebenfalls eine Jitsi-Architektur nutzt.

Browser oder App (für mobile Endgeräte)

Am Besten gelingen Videokonferenzen vom Desktop-Rechner, gefolgt von Notebooks. Wichtig ist die Wahl des Browsers. Alle Videokonferenz-Anwendungen benötigen Browser für die Echtzeitkommunikation das  Framework WebRTC. Dies ist standardmäßig in allen Derivaten des Open-Source-Browsers Chromium vorhanden, also in Google Chrome und Edge. Firefox kommt erst seit Version 76 gut damit zurecht, Safari hingegen nicht.

Mobile Endgeräte (Smart Phones, Tablets) nutzen abgespeckte Browserversionen, die Videokonferenzen nicht unterstützen. Für fast alle Videokonferenzanwendungen, auch für Jitsi, gibt es deshalb Apps, die eine Teilnahme ermöglichen.

Empfehlungen für die technische Ausstattung

Empfehlenswert ist die Verwendung eines Headsets, um Störgeräusche und Echos zu reduzieren. Alternativ Kopfhörer/Ohrhörer und ein externes Ansteckmikrofon. Wer es sich leisten kann, sollte eine externe Kamera (Webcam) einsetzen, die unter anderem Vorteile hat, wie Einstellung der Brennweite bzw. des Bildausschnitts, des Fokus und der Bildhelligkeit etc. Die Kamera sollte möglichst auf Augenhöhe – vor, hinter oder dicht neben dem Bildschirm – eingerichtet sein. Die Netzverbindung sollte möglichst per LAN Netzwerkkabel oder bei WLAN in der Nähe des Routers hergestellt werden.

Aufzeichnung

Videokonferenzaufzeichnung der Q&A zum Film ACASA beim DOK.fest München auf YouTube gestreamt (oben Links Produzent Ümut Ulidag, unten Regisseur Radu Ciorniciuc). Eigener Screenshot vom 9. Mai 2020

Von vielen Filmfestivals, die zur Zeit nicht im Kino stattfinden können, wird Videokonferenz-Software genutzt, um Gespräche und Diskussionen mit FilmemacherInnen aufzuzeichnen und über das Internet zu verbreiten. Hierfür sind in Europa und Deutschland nach geltenden Datenschutzgesetzen Zustimmungen von allen Teilnehmern einzuholen und Vorschriften zu beachten! Jitsi-Instanzen in Deutschland haben deshalb die Option des Mitschnitts in der Regel von sich aus abgeschaltet.

Reinhard W. Wolf

Links
Jitsi Meet   Instanzen
Hier eine ganz gute Kurzanleitung von Mike Kuketz.