Found-Footage-Film – Collage

Einführung – Filmcollage

VIN, Picasso, Papier-Collage von 1913, CC BY-NC (Gandalfs Gallery)

Der Begriff Filmcollage lässt sich wie der Begriff Found Footage aus der Kunstgeschichte ableiten. Als Collagen wurden zum Beispiel die Experimente der Maler Braques und Picasso in den 10er Jahren des 20. Jahrhunderts bezeichnet. Den Künstlern der frühen Moderne diente die Methode der Collage zum Angriff auf den malerischen Realismus dessen Konzeption von der Repräsentation der Realität in der Kunst als unzulänglich und naiv erachtet wurde.

Die Filmcollage gründet auf einer speziellen Methode der Verwendung von Found Footage. Im Unterschied zur >Kompilation konstruiert die Filmcollage aus gefundenem Material neue Bedeutungen in einem neuen Kontext. Bei dieser Konstruktion von neuen Sinnzusammenhängen verschiebt sich die Referenz der Bilder. Beim Zitat in der Kompilation bleibt die Referenz zur fotografisch aufgenommenen Realität erhalten – zumindest ist dies so beabsichtigt. In der Filmcollage wird diese Referenz nicht nur umgedeutet, sondern auf eine höhere (Meta-)Ebene gehoben. Die Referenz der Bilder einer Filmcollage ist nicht die aufgenommene ‚erste Realität‘, sondern die vom Film geschaffene ‚zweite Realität‘ des Mediums selbst. Im Mittelpunkt des Interesses steht weniger das gefilmte Objekt als die Eigenständigkeit des Bildes.

In The Invention of Collage schreibt Marjorie Perloff: Die Frage der Referenzialität ist der Collage inhärent und führt in der Folge zur Ersetzung des Signifikats, der Objekte, die imitiert werden sollen, durch eine Ansammlung neuer Signifikanten, die auf sich selbst als ‘wirkliche Objekte in einer wirklichen Welt’ verweisen. (»The Invention of Collage«, in: Collage, Vol. 10-111 New York Literary Forum, New York 1983)

Die Methode der Collage ist besonders gut geeignet, um Aussagen über das Medium selbst zu treffen. Denn, die Filmcollage basiert auf einem kritischen und analytischen Verhältnis zu den Filmbildern. Die nahe liegenden Themen der Filmcollage sind analytische Reflexionen zur ästhetischen Konstruktion filmischer Realität und die Dekonstruktion politisch-ideologischer Bildinhalte und Bedeutungen. Found-Footage-Filmemacher, die mit der Methode der Collage arbeiten, betreiben quasi Archäologie im Unterbewusstsein der Filmbilder. Sie fördern unbewusste und sublime Bedeutung aus dem gefundenen Material zu Tage, sei es im psychologisch-kulturellen oder im politischen Sinne.

Anmerkung: netzkulturelle Nachkömmlinge der Bildcollage sind die Memes im Internet.