Seit Monaten wird eine Reform der deutschen Filmförderung diskutiert. Im Februar stellte Kulturstaatsministerin Clauda Roth ihre Schwerpunkte der Reform vor: ein Steueranreizmodell, Investitionsverpflichtungen und ein neues Filmfördergesetz (FFG). Diesen Monat hat das BKM einen Referentenentwurf für ein neues FFG zur Diskussion gestellt.
Bislang erfolgt die Filmförderung nach unterschiedlichen Kriterien, die mit Erwartungen an die Projekte und ihren künstlerischen und wirtschaftlichen Erfolg verknüpft sind. Bei einem Großteil der Förderprozesse werden wirtschaftliche und künstlerische Kriterien kombiniert.
Die wirtschaftlichen Kriterien sind in Zahlen nachweisbar. Viele Entscheidungen werden automatisch marktlogisch gefällt. Künstlerische Kriterien sind hingegen schwer quantifizierbar und wirtschaftliche Kriterien oft zum Nachteil des künstlerischen Film, wenn die quantitative Präsenz im Markt automatisch ausschlaggebend ist.
Beispiel: Unter den 100 im Kino ausgewerteten deutschen Filmen waren 2022 überhaupt nur 15 Dokumentarfilme. In der Referenzfilmförderung (FFG) werden aber nur programmfüllende Filme ab 50.000 Zuschauern gefördert – auf 25.000 reduziert für Kinder- und Dokumentarfilme, die selten so viele Zuschauer erreichen.
Beispiel: Die meisten Zuschauer unter den Dokumentarfilmen hatte 2022 „Der Waldmacher“ von Volker Schlöndorff (den das CinéMayence übrigens in Mainz gezeigt hatte). Der Film erreichte immerhin über 35.000 Besucher, was aber zum Spielfilm vergleichsweise sehr wenig ist.
Für einen Neuanfang
Die Initiative Zukunft Kino+Film[1] fordert einen Paradigmenwechsel in der Filmpolitik. Zukünftig sollen zwei Förderbereiche mit je eigenen Vergaberichtlinien unterteilt werden. Eine Förderung nach künstlerischen Kriterien und eine Förderung nach wirtschaftlichen Kriterien.
Für den vom Markt benachteiligten Bereich sei eine selektive Mittelvergabe einzurichten, für die überwiegend Jury-Entscheidungen erforderlich sind.
Auch der Hauptverband Cinephilie hat jetzt eine Stellungnahme[2] zum Referentenentwurf veröffentlicht, in dem eine Besserstellung des Films als Kunst gefordert wird. In der Einleitung zur Stellungnahme schreibt die Produzentin Caroline Kirger:
»Film als Kunst funktioniert in diesem Land nicht – weder finanziell, noch, was die Sichtbarkeit und Anerkennung der Filmkunst angeht. Die aktuellen Grabenkämpfe zeigen, dass das etablierte, höher budgetierte Arthouse um seinen Platz kämpft, insbesondere sind die Verwerter:innen an dieser Stelle starke Lobbyist:innen, die den mittelständischen Arthouse-Film als die Speerspitze der Filmkunst verstehen und bestrebt sind, Exklusivitätsgrenzen in Form bestimmter Regelungen einzuziehen, um nichts vom Kuchen abgeben zu müssen. Dass die Innovation aber von den Rändern kommt und entsprechend auf eine existenzsichernde Basis gestellt werden muss, braucht jetzt und von Ihnen unbedingt Gehör.«
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[1] Die Initiative Zukunft Kino+Film (IZKF) ist ein Zusammenschluss unabhängiger Verbände und Netzwerke von Kino- und Filmfachleuten, der folgende Organisationen angehören: AG Animationsfilm, AG Filmfestival, AG Kurzfilm, Bund der Filmbüros, Bundesverband Regie. Bundesverband kommunale Filmarbeit, Crew United, Hauptverband Cinephilie, Verband der deutschen Filmkritik, VeDRA Verband für Film- und Fernsehdramaturgie und Zukunft deutscher Film.
[2] https://e.pcloud.link/publink/show?code=XZXa1TZuis9hx9zkyfdz9lV9eCWx8Bg0bY7
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