1994 begann die damals kleine Firma Connectix mit der Auslieferung der QuickCam – eine kleine kugelförmige Kamera mit einem Anschluß für Mac-Computer. 1995 folgte eine Version für PCs. Die QuickCam war die erste Webcam für nicht-professionelle Konsumenten und war für $99 erhältlich. Auf den Macs von damals, die sich per TCP/IP Protokoll mit dem Internet verbinden konnten, war es bereits möglich mit der Quicktime-Technik Videoaufnahmen in Echtzeit an einen anderen Mac zu senden – in schwarzweiß, mit 6 bis 7 Bilder pro Sekunde und mit dem Codec H.261, dem Vorläufer von mpeg, komprimiert.
1995 brachten Forscher der Cornell University (Ithaca) ihre Entwicklung „CU-SeeMe“ (CU = Cornell University) als gewerbliches Produkt in den Handel. Mit der Client-Software CU-SeeMe 2.1 waren Videokonferenzen simultan mit mehreren Teilnehmern in Echtzeit möglich. Professionelle wurde CU-SeeMe zuerst vom Sender ABC für eine Nachrichten-Sendung, später auch für Live-Übertragungen von Shows eingesetzt.
Später wurden CU-SeeMe und QuickCam insbesondere von Wissenschafts- und Bildungseinrichtungen, wie zum Beispiel von The Global Schoolhouse zur Unterrichtung von Schülern, genutzt. Neben militärischen Anwendungen, experimentierten insbesondere Bürgerrechts-Bewegungen mit dem ’neuen Medium‘. So wurde zum Beispiel im Mai 1995 das Collabarena Internet Festival „Voices of Diversity“ veranstaltet. Im gleichen Monat veranstaltete das Center for Environment an der CU die Internetkonferenz „Earth Day 1995“ mit Teilnehmern auf sieben Kontinenten.
Parallel dazu entwickelte Apple Quicktime als Konferenzsystem weiter. 1995 wurde die Software QuickTime Conferencing zusammen mit einer eigenen Kamera angeboten. Schon damals war es möglich neben den Gesprächsteilnehmern auch Desktop-Dokumente zu übertragen. Ein späterer Meilenstein war das QuickTime Conferencing ISDN Kit von 2005 mit komfortablen Aufzeichnungsmöglichkeiten.
Der erste Spielfilm, der im Internet seine Premiere hatte und anschließend per Videochat diskutiert wurden, war das B-Movie „Plan 10 from Outer Space“ (Trent Harris, USA 1994). Kurz danach hatte der Film seine Premiere im realen Raum beim Sundance Film Festival, das übrigens seine Eröffnungsgala ebenfalls im Internet streamte.
1997 kuratierte ich für 42. Internationalen Kurzfilmtage das Themen-Programm „Hyper-Media“. Ein Programmpunkt war ein Webcasting vom Festival. Das „Virtual FilmFestival“, betrieben vom kanadischen Dokumentarfilmemacher Peter Wintonick („Manufacturing Consent“, „Milk and Honey“), organisierte Online-Pressekonferenzen und Diskussionforen zum Programm „Hyper Media“ live im Internet.
Reinhard W. Wolf