CinéMayence online Konzept: Filmkultur online erweitern und entdecken

Mit dieser Website möchten wir Kino-ZuschauerInnen und Filminteressierte online erreichen und unsere filmkulturellen Aktivitäten über die jetzigen orts- und zeit-gebundenen Grenzen hinaus medial erweitern.

Alternativen anbieten

Die Stilllegung eines Teils des öffentlichen Lebens wegen der Pandemie traf/trifft Kinos besonders hart. Zu ihrem Alleinstellungsmerkmal gehört die soziale Nähe im gemeinsamen Erleben und im gemeinsamen Gespräch – auch und gerade unter ‚Fremden‘.

Die Kulturpraxis Kino kann nicht digital übersetzt werden und online stattfinden. Doch Alternativen und Ergänzungen sind möglich. Hier setzt unser Projekt an: wir wollen im Gespräch mit Ihnen/Euch bleiben und Angebote machen, die keine physische Anwesenheit und Versammlung zur Voraussetzung haben.

Aus der Krise lernen

Die Pandemie zwingt uns in die Tele-Kommunikation. In dieser Zeit der Distanz nutzen wir digitale Kommunikationswege in einem Umfang wie nie zuvor. Wir begegnen anderen Menschen nicht mehr direkt, sondern betrachten nur noch ihre digitalisierten fotografischen Abbilder als nicht fühlbare Avatare auf mehr oder weniger großen Bildschirmen. Trotz aller schlimmen Folgen, eröffnet uns dies aber die Möglichkeit zu lernen und auszuprobieren, was für welche Zwecke funktioniert und was nicht. Sinnvolles wird bleiben und uns in Zukunft bereichern.

Nur ein Beispiel: zum Alleinstellungsmerkmal eines Kommunales Kinos gehören Gespräche über Film und Diskussionen über ihre Themen. Gleichwohl im CinéMayence letztes Jahr von knapp 90 Filmtitel bzw. Programme mehr als 60 von Gesprächen begleitet wurden, können wir nicht immer Gäste einladen, insbesondere keine FilmemacherInnen, wenn sie aus der Ferne anreisen müssten. Von den derzeit aus Not online veranstalteten Filmfestivals, lernen wir, dass FilmemacherInnen über Videochats und Konferenzen eingebunden werden können. Solche Erfahrungen wollen wir mit unserem Projekt ebenfalls umsetzen.

Innovativ und Zukunftsfähig bleiben 

Das Kino ist schon lange in der Krise – nicht erst seit der Einführung von Streaming Video (eigentlich schon seit der Einführung des Fernsehens;-). Die Auswertungsfenster für Filme werden seitdem immer kleiner und kürzer. Die zwangsweise Stilllegung des Kinobetriebs in der Pandemie beschleunigte die wirtschaftliche Krise der Filmtheater. Bereits jetzt haben sich Filmverleihe entschlossen ihre publikumsträchtigsten Produkte gleichzeitig und in manchen Fällen sogar ausschließlich online anzubieten.

Den Wertbewerb auf dem heiß umkämpften Markt der Auswertung von Bewegtbilder werden herkömmliche Kinos wohl leider verlieren. Doch Kinos können mehr sein als nur ein Abspielkanal unter vielen. An diesem wirtschaftlichen Wettbewerb müssen und wollen wir uns als kulturelles Kino nicht beteiligen. Dies setzt aber eine angemessene öffentliche Unterstützung voraus.

Für uns ist online/offline nicht notwendigerweise ein Gegensatz. Das Entscheidende für uns ist der Kontext und die Qualität. So können wir uns vorstellen unsere filmkuratorische Arbeit ins Digitale auszudehnen. Unser Projekt ist deshalb auch so konzipiert, dass wir anschlußfähig für zukünftige Entwicklungen werden (wie z.B. an bundesweite Vorhaben einer programmbegleitenden Video-on-Demand-Plattform für Filmkunst mit cinephilen Gesprächsforen).

Wie im Theater oder Konzertsaal gehört zur Kulturpraxis des Kinos ein anwesendes, aufmerksames Publikum. Hieran halten wir fest. Der Wert des gemeinsamen Erlebens und der sozialen Nähe wird jetzt als Mangel besonders sicht- und fühlbar und nach der Krise, die wir gestärkt hinter uns lassen wollen, nachgeholt werden müssen. 

Reinhard W. Wolf, Mainz Juli 2020

Leiter des Kommunalen Kinos CinéMayence, freiberuflicher Redakteur des Online-Magazins shortfilm.de, Kurator bei den Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen (2020 erstmals ausschließlich online).

Das Projekt „CinéMayence online“ wurde 2020 gefördert von Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur